Es waren einmal 3 tollkühne Helden, deren Namen noch nie ein Mensch gehört hatte. Nennen wir sie der Einfachheit halber St. Patrick, Lord Henry und Sir Thomas. Jene 3 hatten zusammen schon viele Abenteuer bestanden. Eines kühlen Abends gelangten die drei wackeren Gesellen an einen majestätisch zwischen den Bergen eingebetteten See.

Sie kannten den Ort und die, in den Bergen gelegene, rätselhafte Höhle. Dort befanden sich ihrer Erinnerung nach zwei magische Kästchen, die nach einer uralten Überlieferung einmal im Jahr gegen andere getauscht werden müssen. Da die Zeit doch schon weit ins Land gegangen war, fürchteten sie schon, dass die Magie der dort eingelagerten Kästchen erloschen wäre. Was ungeahnte Folgen haben könnte, eventuell bewirkt die Magie, die Stabilität der Höhle zu erhalten, eventuell vertreibt sie allerhand ruchloses Ungetier – man weiß es nicht.

Da die Nacht aber schon weit fortgeschritten war, als sie am See angekommen waren, beschlossen sie in einer nahegelegenen Hütte zu nächtigen. Am nächsten Tage machten sie sich auf den beschwerlichen Weg durch die Berge zum Höhleneingang auf der Hochfläche. Unerschrocken stiegen sie ins Dunkel hinab und machten sich ihr Nachtlager für die kommenden Tage an einem ihnen wohlbekannten Platz bereit, wussten sie doch, dass es unmöglich war, ihre Aufgabe an einem einzigen Tage zu bewältigen. Kein normaler Mensch wäre imstande gewesen, an einem so finsteren und lebensfeindlichen Platz die Nacht unbeschadet zu verbringen, doch diese Drei kannten keine Furcht. Noch am gleichen Tage suchten sie die magischen Kästchen auf und waren voller Freude, dass sie die Magie der Kästchen noch spüren konnten. Allerdings hatte sich etwas völlig Unerklärbares zugetragen. Während sich die Kästchen sonst einzeln an zwei verschiedenen Stellen in dieser riesenhaften Höhle befanden, haben sich diese in einer völlig unerklärbaren Art und Weise verdoppelt. Verdutzt rieben sich unsere Helden die Augen, unfähig sich diese Verdoppelung zu erklären. Sie wollten die neuen, mit frischer Magie versehenen Kästchen auspacken, doch diese befanden sich nun nicht mehr in ihren Kleidern. Erschrocken beratschlagten sie, was zu tun sei. Letztendlich wurde der jeweilige Doppelgänger geborgen und das wahre Kästchen zurückgelassen, nicht ohne die Magie nochmals zu prüfen.

Auf dem Rückweg zu ihrem dunklen und kalten Nachtlager kamen sie an einem See aus gefrorenem Wasser entlang, sie hatten den See viel größer in Erinnerung und es fröstelte sie in Anbetracht der gewaltigen Energie, die zum Schmelzen des Eises nötig war. Das konnte eigentlich nur bedeuten, dass die alten Sagen doch Recht hatten, nach denen just in dieser Höhle ein uralter Drache schlafen würde. Der, wenn er einmal erwacht wäre, das ganze Umland in Schutt und Asche legen. So beschlossen unsere Helden, den riesigen Drachen zur Strecke zu bringen. Sie bahnten sich ihren Weg immer weiter in die Höhle, über haushohe schroffe Felsen und durch kleinste Gänge. Alsbald gelangten sie an einen schwarzen ausgetrockneten Fluss, dem sie folgten. Plötzlich öffnete sich der Abgrund vor ihnen. Das muss der Hort des Ungetüms sein!

Glücklicherweise hatten Sie ein langes Seil mitgenommen, um das schreckliche Tier zu fesseln. Das Seil benutzten sie nun, um diesen grässlichen Schacht hinabzusteigen. Nach unzählbaren Metern standen sie am Boden dieses finsteren Loches. Noch hatten sie kein Zeichen von dem vermuteten Ungeheuer vernommen, sollten sie sich getäuscht haben? Doch halt, da ging es noch weiter! Flugs weiter am Seil hinab, einige merkwürdig geformte Bodenvertiefungen, die inzwischen voll Wasser standen, säumten ihren Weg, bis ein kleiner unterirdischer See den Weiterkommen unmöglich machte. Doch Lord Henry, der unerschrockenste unter ihnen, wollte sich nicht beirren lassen und begab sich auf den Weiterweg, halb in und halb über den eiskalten Fluten. Doch auch er konnte nicht das leiseste Anzeichen eines Ungeheuers ausmachen. So machten sich alle Drei an den beschwerlichen Aufstieg bis zu ihrem Nachtlager. Am nächsten Tage war ihnen klar, dass sie an der falschen Stelle gesucht hatten, ein Drache würde sich natürlich nicht einen nassen Schacht als Behausung aussuchen! Könnte es sein, dass es gar keinen Drachen in dieser Höhle gibt? Sollten es eventuell ganz andere Kreaturen sein oder schmolz das Eis aus anderen unerklärlichen Gründen? Mit diesen Gedanken machten sie sich wieder auf in die Unwirtlichkeit dieser lichtlosen Welt. Vorsichtshalber wollten sie noch an anderen Orten nach der Ursache suchen.

Abflugteller der feuchtigkeitsliebenden Flugwanzen

Es gab noch einige Gänge, von deren Existenz sie wussten, die aber kein lebendiges Wesen jemals betreten hatte. Zum einen war da der unbefahrbare Schacht, der eine ideale Unterkunft für kleine, fiese, feuchtigkeitsliebende Flugwanzen darstellte.

Sir Thomas sah es als seine Aufgabe an, diesen Locus occultus zugänglich zu machen. Als alle durch die Engstelle passten, machte sich St. Patrick daran, einen Plan von diesem Weg zu zeichnen, damit alle wieder heil den Weg heraus finden, sollte sich der Schleier der Vergessenheit über sie senken.

Doch auch in diesem Schacht und in einigen anderen umliegenden Gängen waren keine Anzeichen von irgendwelchem Ungetier zu beobachten. Sie beratschlagten, was nun zu tun sei und weil sie sich einigermaßen sicher waren, dass sie den Grund für das Abschmelzen des Eises nicht würden finden können, entschlossen sie sich, die bei der nahegelegenen, die Sinne verwirrenden, Kristallrutsche einige Seile mit zurückzunehmen.

Am nächsten Tage, noch benommen von den bestandenen Abenteuern, machte sich das Dreiergespann wieder auf den Heimweg. Als sie wieder wohlbehalten in Nuorenberc, in ihrem Schloss, angekommen waren, tauchten wie von Geisterhand die verloren geglaubten Kästchen in Sir Thomas’ Kutsche auf, eine Merkwürdigkeit sondergleichen!

Text: Thomas Bayn

 

PS: Der Redaktion ist übrigens zu Ohren gekommen, dass diese magischen Kästchen in anderen Welten sehr unpoetisch als „Temperatur- und Datenlogger“ bezeichnet werden, aber dann wäre dieses Märchen ja nur noch halb so schön…

03. November 2018 | Kategorie Almberg-Höhlensystem


Hoch hinaus Fränkischer Höhlenspiegel Nr. 62 erschienen

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