Die Zoolithenhöhle (D109) bei Burggaillenreuth ist eine der ältesten bekannten Höhlen in der fränkischen Schweiz.
Namensgeber war der in Uttenreuth wohnhafte Pfarrer und Mitbegründer der fränkischen Höhlenforschung Johann Friedrich Esper. Er setzte den Namen aus dem griechischen Begriffen „Zoon“ (Tier) und „lithos“ (Stein) zu „Zoolithenhöhle“ zusammen. [3] Damit beschreibt der Höhlennamen bereits die zahlreichen aufgefundenen versteinerten und miteinander verbackenen Knochenfunde.
Die Höhle wurde bereits 1602 durch den Magister Johannes Bonius erstmals, als Anhang in einem Stadtplan von Bamberg, beschrieben. [1] [3] In dieser ersten Beschreibung wird noch eine Höhle beschrieben, die in den Felsen gehauen(!) sei und Knochen von Pferden enthalten solle.[1] Heute, mehr als 400 Jahre später ist der Erkenntnisstand aufgrund der umfassenden Forschungen verschiedener Generationen freilich weitaus besser.
Noch bevor also die fränkische Schweiz unter diesem Namen bekannt war, zog die Zoolithenhöhle Wissenschaftler und Touristen gleichermaßen in das Muggendorfer Hüll, wie die Region um Muggendorf damals genannt wurde. So trug die Höhle auch maßgeblich zur Entwicklung der fränkischen Schweiz als Besuchermagnet bei.
Obwohl die erste Beschreibung bereits auf 1602 datierte dauerte es jedoch noch bis in die 1770er Jahre hinein, bis, dafür umso stärker, das Interesse an der Höhle und deren Knochenfunden geweckt wurde. Die erste bedeutende Veröffentlichung gelang Johann Friedrich Esper 1774 mit dem Titel „Ausführliche Nachricht von neuentdeckten Zoolithen unbekannter vierfüßiger Tiere…“, die Aufsehen in der wissenschaftlichen Welt erregte. [3] In der Folge hat die Höhle „die bedeutendsten Gelehrten und Forscher des In- und Auslandes (Humboldt, Goldfuß, Rosenmüller, Cuvier) zum Besuch veranlasst.“ [2] Mit den Entdeckungen wurde letztlich die paläontologische Höhlenforschung ins Leben gerufen. So wurde z.B. der der Höhlenbär, Ursus Spelaeus, hier durch Rosenmüller erstmals als eigene, ausgestorbene, Art bestimmt.
Bereits bis 1839 seien lt. Oken im Zuge der Untersuchungen in der Gaillenreuther Höhle“ Überreste von mehr als 1000 Tieren geborgen worden. Darunter Knochen vom Höhlenbären und anderen Säugetieren, aber auch vom Menschen. [4] Zudem wurden weitere vorgeschichtliche Funde z.B. in Form von Graburnenresten, Scherben und Kohlenresten bereits durch Esper und Rosenmüller dokumentiert. [5] Die große Anzahl an tierischen Überresten stellt zweifellos eine der bedeutendsten Lagerstätten auf der Welt dar. Geht man jedoch davon aus, dass über Jahrtausende hinweg die Höhle z.B. als Winterschlafhöhle gedient hat und dabei nur alle paar Jahre ein Höhlenbär im Schlaf verstarb, so kommt schnell eine stattliche Anzahl von einzelnen Individuen zusammen.
Bis in das 20. Jahrhundert hinein waren von der Höhle nur 4-6 Räume, früher oft „Abteilungen“ genannt, mit einer Gesamtganglänge von ca. 80m bekannt. Die unterschiedliche Anzahl der beschriebenen Abteilungen rührt daher, dass der ein oder andere Raum im Laufe der Jahrhunderte langen Forschung und Massenbewegungen bei Grabungen zeitweise wieder mit Abraum verfüllt wurde.
In den 1970er Jahren suchte dann eine Gruppe fränkischer Höhlenforscher anhand alter Beschreibungen von Rosenmüller (1804) und Esper (1774) nach den alten „Abteilungen“. Letztlich gelang es trotz der Vermischung von romantischen Umschreibungen mit sachlichen Fakten in den alten Beschreibungen 1972 B. Niggemeyer, W. Richter, D. Schubert, Ch. Schultheiß und H. Jäckel alte befahrene Teile zunächst bis zur Aufstiegshalle durch die teilweise Freilegung von umgelagertem Sediment wiederzuentdecken. Zusätzlich konnten Sie schon zwei Tage nach Beginn der Forschungsarbeiten den heutigen Aufstieg zur Zaunikhalle erklettern. In der Folge konnten weitere Räume, Sintervorkommen und fossile Lagerstätten entdeckt und mit verschiedener Fachinstitutionen wie dem Paläontologischen Institut der Universität Erlangen erforscht werden.[6]
Dies war umso bedeutender, da nun eine Erforschung von ungestörten Ablagerungen möglich war. Beispielhaft seien an dieser Stelle die Untersuchungen von J. Th. Groiss (z.B. Paläontologische Untersuchungen in der Zoolithenhöhle bei Burggaillenreuth in „Erlanger Forschungen“, Reihe B, Bd.5, 1972), K. Poll (Die Zoolithenhöhle bei Burggailenreuth in Ihrer Beziehung zum fränkischen Höhlen- und Kluftsystem, in Erlanger Forschungen, Reihe B, Bd.5, 1972) und K.-D. Tietz (Untersuchungen zur Genese und Mineralienverteilung rezenter Karbonate in Dolomithöhlen Frankens unter besonderer Berücksichtigung jahreszeitlicher Konzentrationsänderungen in Höhlenwässern, 1978) genannt.
In den Folgejahren wurden die noch immer stark verfüllten alten Räume unter der Leitung des damaligen Pächters Erich Ziegler auch wieder vollständig vom verfüllten Abraum befreit und erforscht, bis man auf unberührte Sedimentschichten gestoßen ist. Die alten beschriebenen Räume konnten dabei jedoch nicht vollständig in der beschriebenen Form wiederentdeckt werden. [7]
Des Weiteren wurden seitdem neue Räume (z.B. die „Neue Halle“) entdeckt sowie von zahlreichen Wissenschaftlern mit den verschiedensten technischen Mitteln und Untersuchungsmöglichkeiten weitere Forschungen wie z.B. diverse Datierungen, Klimageschichte, Sinterentstehung und auch weitere Knochenbestimmungen durchgeführt.
Erste Darstellungen in Form von Kupferstichen enthielt bereits Espers Veröffentlichung 1774, weitere schematische Darstellungen und Planskizzen folgten. Der erste richtige Höhlenplan stammt jedoch erst von Major Neischl und Josef Reger aus dem Jahre 1902. Weitere Vermessungen wurden dann 1954 durch W.Zaunik und H. Franke durchgeführt. Ergänzt wurde deren Plan dann durch B. Niggemeyer, D. Schubert und W. Richter mit den neu entdeckten Teilen 1971. Die letzte umfassende Vermessung folgte von 1983-1985 durch L. Dreier, P. Conrad, G. Bauernschmitt und Gef. Zusätzlich sind im laufe der Jahre zahlreiche Spezialkartierungen je nach Forschungsinhalt entstanden. [8]
Eine umfassende Aufarbeitung der Höhle und deren Forschungsgeschichte und aller Forschungsergebnisse ist freilich an dieser Stelle, im Internet, nicht möglich. So füllt die Bibliografie von Renate Illmann im fränkischen Höhlenspiegel bereits mehrere Seiten mit Veröffentlichungen zur Zoolithenhöhle… [9]
Bis heute dient die Höhle für verschiedenste Disziplinen als Forschungsobjekt und ist daher ganzjährig verschlossen und von der FHKF zu deren Schutz und weiteren Erforschung gepachtet.
Text und Bilder: Thomas Weingärtner
Weitere Fotos der Zoolithenhöhle sind in der Fotogalerie.
Ein Reporter-Team der Zeitung „Fränkischer Tag“ besuchte die Zoolithenhöhle im August 2015. Mehr Details hierzu.
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[1] Fränkische Schweiz Hersbrucker Schweiz, H. Pfistermeister, Nürnberg 1973, S.132; übersetzt nach Johannes Bonius, 1602
[2] Im Bannkreis der Wiesent, S.32, August Sieghardt, Nürnberg 1925
[3] Die Zoolithenhöhle bei Burggailenreuth, Fränkische Schweiz, August Sieghardt, 1952
[4] Allgemeine Naturgeschichte für alle Stände, Lorenz Oken, Friedrich August Walchner, S. 643, 1939
[5] Prähistorische Forschungen in Schachthöhlen Oberfrankens, M. Geyer, M. Moser, E.Walter in „Die Höhle“, Nr. 2, 1970
[6] Junge Höhlenforscher haben wertvolle Funde der ewigen Nacht entrissen, Nürnberg Zeitung(?), 1972
[7] „Zoolithenhöhle“ im Fränkischen Höhlenspiegel, Heft 10, Seite 6, 1979, Wilfried Lorenz
[8] Kataster der FHKF
[9] Fränkischer Höhlenspiegel, Ausgabe 50, Renate Illmann, 2002
[10] Die Zoolithenhöhle bei Burggaillenreuth / Oberfranken – 200 Jahre wissenschaftliche Forschung
1771 – 1971 // Heller, Florian ; Groiß, Josef Theodor ; Huber, Fritz ; Niggemeyer, Bernd ;
Poll, Kurt ; Schubert, Dieter